Wie Städte gesünder werden können – fünf Thesen
Wie sollte eine gesundheitsfördernde und gleichzeitig nachhaltige Stadt- und Quartiersentwicklung aussehen? Kurz: Wie können Städte gesünder werden? Dieser Frage ging die am Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) angesiedelte „Arbeitsgruppe Gesundheitsfördernde Gemeinde- und Stadtentwicklung“ (AGGSE) nach. Die Diskussionsergebnisse der bundesweit und inter- sowie transdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppe veröffentlichte die Arbeitsgruppe als „Empfehlungen für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Stadtentwicklung“ in Form von fünf Thesen.
Die fünf Thesen im Überblick
1. These: Der gesellschaftliche Wandel ist eine große Herausforderung auf dem Weg zu einer gesundheitsfördernden Kommunalpolitik.
2. These: Wollen Städte gesundheitsförderliche Lebensverhältnisse schaffen, stehen soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und Partizipation im Fokus des Handelns.
3. These: Gesundheitsfördernde Stadtentwicklung benötigt integrierte Leitbilder, Handlungsansätze und Strategien.
4. These: Nachhaltige kommunale Gesundheitsförderung braucht eine hinreichende soziale, technische und grüne Infrastruktur.
5. These: Gesundheitsfördernde Politik in den Städten muss global denken, um im lokalen Handeln den globalisierten Verhältnissen gerecht zu werden.
Kommunalpolitik muss gegen Armut in einzelnen Stadtteilen vorgehen
Sollen in Kommunen gesundheitsförderliche Lebensverhältnisse geschaffen werden, so sei es eine zentrale Aufgabe der Kommunalpolitik, die ansteigende Konzentration von Armut in einzelnen Stadtteilen abzubauen, so die Forscher. Denn die räumliche Konzentration verstärke die Negativauswirkungen von Armut und sei dabei nachweislich mit einer vergleichsweise schlechteren gesundheitlichen Lage verknüpft.
Gleichzeitig ist laut AGGSE darauf zu achten, die vor allem in sozial benachteiligten Gebieten oft schlechte und gesundheitsbelastende Umweltqualität durch Maßnahmen der Lärmvermeidung, Luftreinhaltung und besseren Grünversorgung zu verbessern. Damit könnten die Bürger*innen nicht nur gesünder leben, sondern zugleich steige die Umweltgerechtigkeit. Ein Beitrag hierzu ist die Priorisierung des Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrs und die Reduzierung des motorisierten Individual- und Güterverkehrs.
Urbane Grün- und Freiräume müssen erhalten bleiben
Wichtig sei außerdem der Erhalt und die Entwicklung urbaner Grün- und Freiräume als Orte der Bewegung, Erholung, Naturerfahrung und sozialen Begegnung. Solche Räume erfüllen für Städte zudem wesentliche bioklimatische und ökologische Funktionen.
Schließlich gehört zu einer nachhaltigen gesundheitsfördernden Stadtentwicklung, dass sich alle Menschen – unabhängig von ihrem Einkommens-, Bildungs- und Sozialstatus – aktiv an Planungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen können. Mehr Bürgerbeteiligung strebt auch die Stadt Köln in ihrem Leitlinienprozess an.
Da all diese Aufgaben allein der Gesundheitssektor natürlich nicht bewältigen kann, müssen auch die Bereiche Stadtentwicklung und Stadtplanung, Umwelt und Grün, Verkehr und Mobilität einbezogen werden. Die Verantwortlichen hier sind gefragt, die örtlichen Lebensverhältnisse zu verbessern und damit zur Gesundheit beizutragen. Dazu braucht es übergreifende Strategien und Maßnahmen, für die das Gesunde-Städte-Netzwerk, das Städtebauförderprogramm Soziale Stadt sowie die Strategie Umweltgerechtigkeit gute Beispiele sind.
Gestaltungsspielraum für Kommunen nur mit entsprechenden finanziellen Ressourcen
Dabei sieht die DIFU-Arbeitsgruppe die Kommunen in der Pflicht. Ihre Aufgabe sei es, ihre sozialen, technischen und grünen Infrastrukturen zukunftsfähig und nachhaltig zu entwickeln. Diese Infrastrukturen tragen dazu bei, dass alle Menschen in einer Kommune gesund und ökologisch verträglich leben können. Die Kommunen haben hierbei einen eigenen großen Gestaltungsspielraum. Damit sie diesen Spielraum nutzen können, müssen die finanziellen Ressourcen der Kommunen dauerhaft und kontinuierlich gestärkt werden.
Gesundheitsfördernde Politik in den Städten darf jedoch keine „Kirchturmpolitik“ sein, mahnen die Autoren. Sie muss global denken, um im lokalen Handeln auch globalisierten Herausforderungen gerecht zu werden. Diese finden ihren Ausdruck unter anderem in einer veränderten globalen Verbreitung von lebensbedrohlichen Infektionen sowie im weltweiten Klimawandel und seinen Folgen. Die Städte sollten sich künftig in globalen Bündnissen für eine nachhaltige Politik der Gesundheitsförderung einsetzen.
Weitere Informationen:
- zur Arbeitsgruppe gesundheitsfördernde Gemeinde- und Stadtentwicklung
- zu den fünf Thesen im Detail (PDF-Download)
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln (Bereich Umwelt) – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.
Fotos (Attribution 2.0 Generic – CC BY 2.0):
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