How much is the dish? Lebensmittel und ihre „wahren“ Kosten
Ein konventioneller Apfel ist in Bezug auf seine Folgekosten für die Umwelt 8% zu billig, konventionell erzeugtes Fleisch sogar 173%. Bio schneidet zwar besser ab, ist aber eigentlich auch noch zu preisgünstig.
Was kosten uns Lebensmittel wirklich? Dieser Frage sind Forschende der Universität Greifswald und der Universität Augsburg in einem Praxisprojekt mit einem großen Lebensmittel-Discounter nachgegangen. Für dieses haben die Wissenschaftler*innen die ökologischen Folgekosten verschiedener Lebensmittel berechnet. Das Projekt soll den großen Unterschied des Verkaufspreises von Lebensmitteln und deren wirklichen Wert darlegen. Vor allem tierische Produkte schneiden nach den Berechnungen schlecht ab.
Nicht nur die Produktions-, sondern auch die Folgekosten im Blick
Für die Berechnung werden die Faktoren der Treibhausgasemissionen, der reaktiven Stickstoffemissionen, des Energieverbrauchs und der Landnutzungsänderungen, verursacht durch biologische und konventionelle Lebensmittelerzeugung, bepreist. Errechnet werden damit also die wahren Preise von Lebensmitteln. Die decken nicht nur die Produktionskosten ab, sondern noch dazu auch ökologische und soziale Folgekosten, welche während der landwirtschaftlichen Produktion anfallen. Diese Kosten werden derzeit indirekt von der Gesamtgesellschaft gezahlt (etwa durch hohe Wasserrechnungen aufgrund erhöhter Nitratgehalte im Grundwasser) – nicht aber vom Verursacher des Schadens direkt. Dies hat zur Ursache, dass Marktfehler die Konsument*innen dazu verleiten, sehr günstige, nicht nachhaltige Lebensmittel zu kaufen. Eine verursachergerechte Internalisierung von Folgekosten hätte also zur Folge, dass sich Marktpreise korrigieren und sich so das Kaufverhalten entsprechend der Nachhaltigkeit anpassen würde.
Große Preisdifferenzen zwischen den aktuellen Marktpreisen und den wahren Kosten
Die Untersuchungen zeigen dabei teilweise sehr große Preisdifferenzen zwischen den aktuellen Marktpreisen und den wahren Kosten. Besonders auffällig ist das bei tierischen Lebensmitteln. Konventionell produziertes gemischtes Hackfleisch müsste demnach circa dreimal so teuer sein, würde es auch für die Auswirkungen für die bei der Produktion entstehenden Treibhausgase, Landnutzungsänderungen, reaktiven Stickstoffe und Energieverbrauch aufkommen. Biologisch produzierte pflanzliche Lebensmittel hingegen sind derzeit schon verhältnismäßig sinnvoll bepreist: Die nötigen Preisaufschläge liegen zwischen 4% (Apfel) und 9% (Banane).
Preisaufschläge (jeweils in %):
🍏 Apfel: konventionell 8%, bio 4%
🍌 Banane: konventionell 19%, bio 9%
🥔 Kartoffel: konventionell 12%, bio 6%
🍅 Tomate: konventionell 12%, bio 5%
🍚 Mozzarella: konventionell 52%, bio 30%
🧀 Gouda: konventionell 88%, bio 33%
🍶 Milch: konventionell 122%, bio 69%
🍗 Fleisch (gemischt): konventionell 173%, bio 126%
Ressourcenintensive Aufzucht und Fütterung von Nutztieren
Die hohen Kosten tierischer Lebensmittel können hierbei maßgeblich durch die ressourcenintensive Aufzucht und Fütterung der Tiere erklärt werden. Für die Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln fallen beispielsweise keine Emissionen durch die Verdauung der Tiere an, sowie Energieverbrauch während der Beheizung und Belüftung von Ställen.
Der Unterschied zwischen konventionellen und biologischen Preisaufschlägen ist vor allem durch die natürlicheren Produktionspraktiken im biologischen Landbau zu erklären: synthetische Stickstoffdünger, oder importierte Futtermittel beispielsweise, sind hier verboten oder nur sehr beschränkt zugelassen, was sich positiv auf die Ökobilanz dieser Produkte auswirkt.
Weitere Informationen:
Das Praxisprojekt ist eingebunden in das Drittmittelprojekt „How much is the dish? – Maßnahmen zur Erhöhung der Biodiversität durch true cost accouting bei Lebensmitteln“ (HoMaBiLe). HoMaBiLe wird unterstützt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und wird, zunächst bis September 2021, ebenfalls am Lehrstuhl für Nachhaltigkeitswissenschaft und angewandte Geographie der Universität Greifswald bearbeitet.
Quelle: https://idw-online.de/de/news754366
Foto: Amelie Michalke / Universität Greifswald